Interaktionsübungen in der Ergotherapie bei Erwachsenen

 

Nicole Vogel (links i. B.) unter Zusammenarbeit der Abteilung Ergotherapie

„Nun“, antwortete der Pelikan bereitwillig, „man begreift es am besten, indem man es macht.“

Lewis Carroll, Alice im Wunderland

 

Im Jahr 2021 führte die Abteilung Ergotherapie der Berolina Klinik eine neue Gruppe mit soziozentrierten, interaktionellen Übungen in ihr Repertoire ein. In dieser Therapiegruppe steht die Förderung von sozialen Kompetenzen im Vordergrund. Als soziale Kompetenz bezeichnen Hinsch und Pfingsten (2015) „die Verfügbarkeit und Anwendung von kognitiven, emotionalen und motorischen Verhaltensweisen, die in bestimmten sozialen Situationen für den Handelnden zu einem langfristig günstigen Verhältnis von positiven und negativen Konsequenzen führen“. Soziale Kompetenzen schließen Beziehungsfähigkeiten, Selbst- und Fremdwahrnehmung, Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit sowie situationsgerechtes Verhalten ein.
Sozial kompetent zu sein, heißt zum Beispiel:
  • Mitgefühl mit anderen zu haben,
  • Nachsicht und Geduld mit sich und den anderen zu haben,
  • bei Kritik von anderen zunächst zuhören zu können,
  • andere kritisieren zu können, ohne zu verletzen,
  • sich und andere mit Respekt zu behandeln und
  • auch mal den anderen und sich selbst zu loben.
Innerhalb der ergotherapeutischen Arbeit soll der*die Patient*in dabei unterstützt werden, neben der emotionalen Bearbeitung der persönlichen Probleme, auch die nötigen sozialen Fertigkeiten zur Bewältigung von Schwierigkeiten zu entwickeln. Medium dabei ist die gemeinsame Lösung einer vom*von der Therapeut*in gestellten, spielerischen Aufgabe (erlebnistherapeutische oder ausdruckszentrierte Übungen). Dem*der Rehabilitand*in wird ein Übungsfeld geboten, in dem er*sie selbst aktiv werden kann, um sein*ihr Verhalten zu überprüfen und zu verändern. Durch das soziale Miteinander werden Kontakte zu anderen aufgebaut, erprobt und erlernt. Hier können neue, konstruktive Verhaltensweisen, die im Alltag des*der Patient*in angstbesetzt sind oder ein soziales Risiko darstellen, erprobt werden.
In diesen Interaktionen wird jedem augenscheinlich, dass kein Mensch perfekt ist und jeder in dem einen oder anderen Bereich Schwierigkeiten hat, vielleicht auch in mehreren. Gleichwohl kann er oder sie vielleicht etwas besonders gut, was den anderen Gruppenmitgliedern hilft. Die individuellen Ressourcen und Defizite des*der Rehabilitand*in können hierbei durch Unterstützung der*des Therapeut*in beobachtet, reflektiert und auf alltägliche Situationen übertragen werden.
Dass Spiele so gerne eingesetzt werden, obwohl sie auf den ersten Blick eher nach Spaß als nach Therapie aussehen, ist im Grunde einleuchtend. Spiele bieten einen geschützten Raum außerhalb des echten Lebens und bringen uns in ungewöhnliche Situationen, aktivieren und bringen uns zum Lachen. Durch Spiele können Anregungen gegeben werden, den Lebensalltag für einen kurzen Zeitraum hinter sich zu lassen und sich auf eine neue Situation einzulassen. Die eigene Fantasie kann hierbei wieder aktiviert und ausgelebt werden. Spiele regen uns an zu reflektieren: „Was empfindet mein Gegenüber? Welche Grenzen muss ich akzeptieren? Wo sind meine eigenen Grenzen?“ So lernen sich die Patientinnen und Patienten in der Gruppe selbst besser kennen und üben das soziale Miteinander. Ganz nebenbei lösen diese Spiele auch noch Hemmnisse auf.
Eine beispielhafte Aufgabe ist der „Brückenbau“. Hierbei sollen die Teilnehmenden aus einer vorgegebenen Anzahl von Materialien gemeinsam eine möglichst stabile und transportable Brücke bauen. Bei dieser, wie bei allen Aufgaben sind Kommunikation, Konzentration und Geduld gefragt. Mittlerweile haben wir eine recht große Auswahl an geeigneten Spielen, darunter auch viele, die eine coronabedingte Abstandshaltung ermöglichen.

 

Literatur
Hinsch R, Pfingsten U. (2015) Gruppentraining sozialer Kompetenzen GSK. 6. überarbeitete Auflage. Beltz Verlag.

Ihr Kontakt zu IREHA

 
Adresse/Ansprechpartner:
IREHA – Institut für Innovative Rehabilitation
 
Ärztlicher Leiter:
Prof. Dr. med. Gerhard Schmid-Ott
Kontakt/Sekretariat:
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Koblenzer Straße 1
D-32584 Löhne/Bad Oeynhausen
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Fax +49 (0) 5731-782777
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